
Die Krankheit mit vielen Gesichtern
Rheuma – unter diesem Begriff verbergen sich 100 verschie- dene Erkrankungen wie Arthrose, Gicht und Fibromyalgie. Die verschiedenen Erkrankungen verbindet man häufig nur mit älteren Menschen. Aber auch junge Erwachsene und Kinder können an einer rheumatischen Erkrankung leiden. Schon früh erkannt Der Begriff Rheuma kommt ursprünglich von dem griechi- schen Wort „rheo“ („ich fließe“) und begründet sich auf den französischen Arzt Guillaume de Baillou, der erstmals den Begriff in einem Mitte des 17. Jahrhunderts erschienenen Werk verwendete. Dieser glaubte, dass bestimmte Kör- persäfte die Beschwerden auslösen, die im Körper fließen. Die Krankheitsbilder von Gicht und Arthritis wurden aber durch andere Ärzte schon wesentlich früher beschrieben. Wo sitzt die Krankheit? Meist ist der Stütz- und Bewegungsapparat betroffen, aber es gibt auch den sogenannten Weichteilrheumatismus, der Muskeln, Bänder und Sehnen angreift. Selbst innere Organe, Gefäße und Augen bleiben von Rheu- ma nicht verschont. Der Schmerz wird von den Patienten als reißend oder ziehend beschrieben. Vier Gruppen Die rheumatischen Erkran- kungen lassen sich in vier Hauptgruppen unterteilen: 32 • Entzündlich- rheumatische Krankheiten • Degenerative rheumatische Erkrankungen • Krankheiten des Bewegungssystems durch Stoffwechselstörungen • Rheumatische Schmerzkrankheiten („Weichteil- rheumatismus“) Ganz häufig Laut der deutschen Gesellschaft für Rheumatologie e.V. sind 1,5 Millionen Menschen in Deutschland von entzünd- lich-rheumatischen Erkrankungen betroffen. Das sind zwei Prozent der erwachsenen Bevölkerung. Bei der rheumatoiden Arthritis entzündet sich die Innen- haut von Gelenken, Sehnenscheiden und Schleimbeuteln. Von diesem Krankheitsbild sind bis zu 440.000 Menschen in Deutschland betroffen. Frauen erkranken dreimal so häu- fig wie Männer. Laut der Deutschen Rheuma-Liga belegen Erkrankungen des Bewegungsapparats in der Statistik der Arbeitsunfähigkeitstage Platz eins und verursachen Be- handlungskosten in Höhe von 28 Milliarden Euro jährlich. Rheumatische Erkrankungen seien immer noch ein häufi- ger Grund für Schwerbehinderung und gesundheitlich be- dingte Frühberentungen. Viele medizinische Spezia- listen kümmern sich um die Frage der Diagnose, Thera- pie und Vorbeugung rheu- matischer Erkrankungen. Wir befragten Priv.-Doz. Dr. med. Matthias Gebau- er, der u.a. in der Rheu- maklinik in Bad Bramstedt tätig war und heute Ober- arzt in der Helios ENDO- Klinik Hamburg ist. Der Begriff „Rheuma“ steht für etwa 100 verschiedene Erkrankungen. Was haben die Krankheiten gemein, dass man sie mit einem Wort zusammenfasst? Der Begriff Rheumatismus (oder kurz Rheuma) bezeichnet Erkrankungen an Gelenken, Knochen sowie den umgeben- den Geweben wie Muskulatur, Sehnen und Bandstruktu- ren. Ursächlich liegt den rheumatischen Krankheiten eine Störung der Immunregulation zu Grunde, woraufhin eine Immunantwort gegen körpereigene Strukturen (z.B. die Gelenkinnenhaut) hervorgerufen wird. Diese sogenannten Autoimmunkrankheiten können in Form der Kollagenosen (Bindegewebserkrankungen, Anm. d. Red.) auch als Sys- temerkrankungen auftreten, bei denen nicht nur ein Organ oder eine Körperregion, sondern gleichartige Gewebe in vielen verschiedenen Organen Ziel des fehlgeleiteten Im- munsystems sind. Woran erkennt man selbst, dass sich eine rheumatische Erkrankung anbahnt? Die chronische Entzündungsreaktion kann an den betroffe- nen Gelenken zu Schmerzen, Schwellungen oder Ergüssen führen. Je nach Verlauf der Erkrankung kann dies auch bis hin zur voranschreitenden Gelenkzerstörung führen. Und wie diagnostizieren Ärzte diese? Zu Beginn der rheumatologischen Diagnostik stehen die sorgfältige Anamnese, also Krankengeschichte des Pati- enten, sowie die körperliche Untersuchung. Für die genaue Einordnung einer Diagnose sind zudem Laboruntersuchun- gen und bildgebende Verfahren notwendig. Welche Therapieansätze gibt es? Gelten sie für alle rheumatischen Erkrankungen gleich? Zur Behandlung rheumatischer Erkrankungen sind medika- mentöse Therapien etabliert, welche von einem klinischen Rheumatologen initiiert und begleitet werden sollten. Än- derungen der Lebensweise und insbesondere der Ernährung haben zudem unterstützende Wirkung. Operative Eingriffe Rheuma – die Krankheit mit vielen Gesichtern